Informationsveranstaltung "Keine Südumgehung Limburg e.V."

Am 07.10.2010 hatte der Verein "Keine Sudumgehung Limburg e.V." Mitglieder und interessierte Bürgerinnen und Bürger zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, um über die jüngsten Ereignisse und Ergebnisse der Arbeit im abgelaufenen Sommerhalbjahr zu berichten.

Nachdem Mitglieder des Vereins die von der Stadt Limburg im Jahr 2007 vorgelegte Umweltverträglichkeitsstudie analysiert hatten, fielen eine ganze Reihe falscher Informationen und fachlicher Versäumnisse auf. Die Hinweise des Vereins auf  diese offensichtlichen Fehler und Versäumnisse bei verschiedenen Themen, darunter auch Wasser und Lärm, wurden von den zuständigen Behörden jedoch ignoriert oder heruntergespielt.

Grundwasser

Im Juli 2009 wurde in einem umfangreichen Schreiben an alle fachlich zuständigen Behörden in Rheinland-Pfalz und Hessen auf die Mängel des Gutachtens beim Thema Grundwasser hingewiesen. Im Oktober 2009 teilte das Amt für Strassenbau in Dillenburg mit, dass diese Sachverhalte nicht bekannt seien, und dass diesen gegebenenfalls in späteren Planungsphasen nachgegangen würde. Auf die erneute Aufforderung zur Aufklärung seitens des Vereins im November 2009 erfolgte dann eine Anweisung seitens der Oberen Behörden an die Stadt Limburg und das Amt für Strassenwesen, die fragliche Grundwassersituation zu prüfen. Daraufhin gab der Magistrat der Stadt Limburg im Januar 2010 ein hydrogeologisches Gutachten in Auftrag, welches die Grundwasser-Verhältnisse im Trassenbereich aufklären sollte.

Von einem Ingenieurbüro wurde in einem etwa ein Kilometer langen Teilstück der geplanten Trasse 1/1a vier Bohrungen niedergebracht. Zusätzlich wurden Messwerte aus bestehenden Bohrungen im Bereich des Neubaugebietes Blumenrod zur Erstellung eines neuen hydrogeologischen Gutachtens genutzt.

Im Frühjahr stellte der Verein bei der Stadt Limburg einen Antrag auf Offenlegung dieses neuen Gutachtens. Die Herausgabe des Gutachtens wurde von der Stadt Limburg mit dem Hinweis verweigert, das Gutachten sei noch nicht fertig und die Messergebnisse müssten noch mit den zuständigen Fachbehörden geklärt werden.

Nach Prüfung der rechtlichen Lage durch ein von ‚ÄûKeine Südumgehung Limburg e.V.‚Äú beauftragtes Anwaltsbüro teilte die Stadt Limburg im Sommer mit, dass eine Herausgabe des Gutachtens für Blumenrod aufgrund von Nichtabgeschlossenheit des Gutachtens nicht möglich sei. Aufgrund der fortgesetzten Weigerung der Stadt Limburg zur Herausgabe des Gutachtens beauftragte der Verein im August 2010 das Anwaltsbüro, Klage gegen die Stadt Limburg auf Herausgabe der Unterlagen einzureichen. Nach dem Umweltinformationsgesetz (HUIG) steht allen Bürgerinnen und Bürger das Recht auf die Einsicht dieser Unterlagen zu. Darauf gab die Stadt Limburg nach und legte das hydrogeologische Gutachten vor. Aus dann offengelegten  Unterlagen ergab sich, dass das Gutachten bereits seit dem 25. Februar 2010 fertig vorgelegen hatte.

Die Ergebnisse des Gutachtens

Eine endgültige Aussage zur Grundwassersituation kann derzeit noch nicht getroffen werden, da dazu längerfristige Messungen notwendig seien. Die vorliegenden Messergebnisse sind jedoch eindeutig und lassen gesicherte Aussagen zu.
An der Bohrung am Franziskusstandbild wurde der Grundwasserspiegel bei 1,34 Meter unter der Erdoberfläche, in den anderen Messpunkten bei etwa 2,00 Meter gemessen. An der Bohrung Zeppelinstrasse/Fischteich wurde Grundwasser bereits in 0,59 cm Tiefe gefunden. An dieser Stelle soll die geplante Südumgehung aber in einem Einschnitt von 9,50 Meter Tiefe unter der Zepplinstrasse und der B 417 verlaufen.
In Zeiten erhöhter Niederschläge wird sich mehr Grundwasser in den oberen Erdschichten ansammeln, so dass dann der Grundwasserspiegel um ca. 1,50 Meter höher steigen kann. Die hohen Grundwasserstände sind der Stadt Limburg eigene Bohrungen seit Jahren bekannt, und es wurden bereits vor Jahrzehnten Drainagen in den betroffenen Gebieten eingebracht, um die Flächen für die Landwirtschaft nutzen zu können.
Die Trasse der geplanten Variante 1/1a wird in einer Vertiefung verlaufen, die an einigen Stellen bis zu 9,50 Meter betragen wird. Dies ist erforderlich, um die Trasse direkt an den Rand des Natura-2000 Gebietes (Vogelschutzgebiet) bauen zu können. Um die Strasse unterhalb des Grundwasserspiegels bauen zu können, muss diese in eine durchgehende Betonwanne verlegt werden. Diese muss mit tiefen Ankern bis zu 20 Meter im Erdreich verankert werden, damit das Grundwasser die Wanne nicht nach oben drückt. Diese Bauweise ist sehr aufwändig und darum auch sehr teuer.
Das Gutachten bestätigt auch, dass das Grundwasser von Südosten nach Nordwesten, also vom Mensfelder Kopf hinab in Richtung der Innenstadt fliesst. Der geplante Trassenverlauf verläuft jedoch quer zu dieser Fliessrichtung, die notwendige Betonwanne wirkt dabei wie ein Riegel. Das Grundwasser würde sich vor der Betonwanne aufstauen, während der Grundwasserspiegel im Gebiet hinter der Wanne, dem Neubaugebiet Blumenrod IV aufgrund des verminderten Zuflusses, absinken wird. Dadurch kann es zu Schäden durch Absenkungen oder Setzungen bestehender Gebäude kommen. Auch werden die Pflanzen in diesem Bereich nicht mehr wie bisher mit Wasser versorgt.

Das vorliegende hydrologische Gutachten stellt fest, dass die bislang angeblich nicht bekannten und vergleichsweise hohen Grundwasserstände zu der Überlegung Anlass geben sollten, Alternativen zur geplanten Trasse 1/1a zu untersuchen und die notwendigen Schutzmassnahmen gegen das Grundwasser in die Kosten-Nutzen Rechnung für die Trasse 1/1a einzubeziehen.
Nach bestehenden Erfahrungswerten verteuert sich der Bau einer Umgehungsstrasse durch die beschriebenen baulichen Massnahmen zum Schutz vor Grundwasser erheblich. Während ein Meter Strasse ohne bauliche Schutzmassnahmen von ‚ÄûKeine Südumgehung Limburg e.V.‚Äú auf etwa 10.000 Euro geschätzt wird, wird für einen Meter Strasse mit entsprechenden Bauwerken circa 35.000 Euro an Baukosten geschätzt ‚Äì also fast viermal so viel.
Das in dem genannten Gutachten untersuchte Trassenstück betrachtet nicht den gesamten Streckenverlauf der Trasse 1/1a, sondern nur den Teil zwischen der Bundesstrasse B 417 und dem Franziskusstandbild vor Blumenrod. Es ist damit zu rechnen, dass auf den anstossenden Trassenteilen mit ähnlichen Grundwasserverhältnissen zu rechnen ist.

Weitere von der Stadt Limburg mittlerweile vorgenommene Bohrungen deuten an, dass auch im weiteren Verlauf der Trasse Richtung Diez ähnliche Wasserverhältnisse anzutreffen sind. Konservative Schätzungen gehen daher von Kosten für die Südumgehung Trasse 1/1a in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro aus. Im Vergleich dazu wird die neue, achtspurige Lahnbrücke mit einem Betrag von derzeit 67 Millionen Euro veranschlagt.

Teilnehmer der Veranstaltung äusserten Unverständnis darüber, dass von den Planungsbehörden bei einem in der Bevölkerung allgemein bekannten hohen Grundwasserstand eigentlich selbstverständliche hydrogeologische Untersuchungen nicht durchgeführt wurden. Es wurde gefragt, ob die vorhandenen, offensichtlichen Mängel des ursprünglichen Gutachtens ohne das beharrliche Nachforschen des Vereins von den zuständigen Behörden ignoriert oder möglicherweise bewusst in Kauf genommen worden wären. Einige Teilnehmer beklagten auch die Verschwendung von Steuermitteln für solche unsinnigen Planungsprojekte. Als Kosten für die Stadt Limburg werden mittlerweile neben den von ‚ÄûKeine Südumgehung Limburg e.V.‚Äú geschätzten bisherigen Planungskosten von 300.000 Euro für das neue hydrologische Zusatzgutachten weitere geschätzte 50.000 Euro angefallen sein. 

Lärmbelastung

Auch zum Thema Lärm wurden von dem betreffenden Arbeitskreis des Vereins in dem 2009 vorgelegten Gutachten der Stadt Limburg deutliche Mängel bzw. Auslassungen festgestellt. 
Aufgrund der Nähe zum Natura 2000 Gebiet (Vogelschutzgebiet) sowie der bestehenden Bebauung verläuft die Trassenführung der Variante 1/1a sehr nahe an den bestehenden Wohngebieten und Schulen in Blumenrod. Wie im ursprünglichen Gutachten bereits dargelegt ist an einigen Stellen in Blumenrod mit einer sehr starken Lärmbelastung von über über 50 db(A) zu rechnen. Dadurch verlieren einige bestehende Gebäude wie die Platzanlage des Tennisklubs Rot-Weiss e.V., der Bauernhof ‚ÄûAm Guckucksberg 2‚Äúund einige Einrichtungen der Lebenshilfe ihre Funktion ganz.

In dem Lärmschutz-Gutachten waren jedoch einige Areale in Blumenrod, besonders die grosse Seniorenresidenz, nicht in dem gleichen Umfang von dem zusätzlichen Lärm betroffen wie die umliegenden Gebiete. Hier bestand daher der Verdacht auf weitere Fehler im Gutachten.

Eine genauere Untersuchung unter Heranziehung von Fachleuten zeigte dann, dass im Lärmschutz-Gutachten der Stadt Limburg fehlerhafte Annahmen über die Lärmwerte getroffen wurden. Werden die korrekten Lärmwerte verwendet, sind die tatsächlichen Belastungen daher wesentlich höher. Für die Einwohner von Blumenrod ist dabei insbesondere wichtig, dass die vorliegenden Lärmwerte als Mittelwerte über den Zeitraum eines ganzen Tages angegeben werden. Über den ganzen Tagesverlauf kann es zu Spitzenwerten kommen, die nochmals deutlich über den angegebenen Werten liegen. 

Ein weiterer fachlicher Fehler des Lärmschutz-Gutachtens zeigt sich im Fall der Seniorenresidenz Blumenrod. Nach den geltenden Gesetzen müssen Schulen, Krankenhäuser und Altenheime besonders vor Lärmbelastung geschützt werden. Für diese Einrichtungen gelten nochmals deutlich strengere Grenzwerte als für normale Wohngebiete. Im Gutachten hätte die Lärmbelastung der Seniorenresidenz also deutlich über der für die angrenzenden Wohngebiete liegen müssen. Tatsächlich ist der Bereich der Seniorenresidenz im Flächennutzungsplan der Stadt Limburg aber nicht als Altenheim, sondern als Gebiet mit gemischter Nutzung ausgewiesen. Für solche Gebiete gelten weitaus höhere Lärm-Grenzwerte als für reine Wohngebiete oder gar Altenheime. Wäre die Seniorenresidenz dagegen als Altenheim ausgewiesen worden, wäre sie ebenfalls durch den Verkehrslärm der Trasse 1/1a sehr stark belastet und möglicherweise ebenfalls vom Funktionsverlust bedroht. 

Gutachten_baugebiet

Ausschnitt aus dem Nutzungsplan der Stadt Limburg. Wohngebiete sind durch das Symbol "W" gekennzeichnet, Mischgebiete durch ein "M".

Gutachten_baugebiet_schutzMensch

Ausschnitt aus der Umweltverträglichkeitsstudie der Stadt Limburg, "Schutzgut Menschen". Das Gebiet Blumenrod IV ist vollständig als Wohngebiet gekennzeichnet.

Eine höhere Lärmbelastung bedeutet nicht nur für die Bewohner der Seniorenresidenz, sondern für alle Anwohner eine Wertminderung ihres bestehenden Immobilieneigentums. Legt man die korrekten Lärmwerte zugrunde, beträgt der Wertverlust nach allgemeinen Wertgutachten für die der Trasse am nächsten liegenden Häuser zwischen 10% und 15%, für weiter entfernt liegende Häuser wie die Seniorenresidenz (Trassenabstand ca. 500 Meter) noch etwa 5%. Zusätzliche Wertverluste durch steigende Abgasbelastung, eingeschränkte Erholungsmöglichkeiten oder die Bauwerksschäden durch sinkenden Grundwasserspiegel sind hierbei noch nicht berücksichtigt.

Die Mitglieder des Vereins werden ihre erfolgreiche Arbeit auch in der Zukunft fortsetzen und insbesondere im kommenden Kommunalwahlkampf auf die korrekte und richtige  Information de Wählerinnen und Wähler zum Thema Südumgehung achten.

Bilder-Galerie

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Weitere Informationen

03.11.2010
Dippes Kaut

Eine Leberecht-Kolumne der NNP, die sich daran erinnert, dass die hohen Grundwasserstände entlang der Südumgehungs-Trasse nichts Neues sind - schon im letzten Jahrhundert wurden beim Abbau von Ton in der "Dippes Kaut" acht Quellen eröffnet, die noch heute den Weiher der Fischzucht speisen. 

27.10.2010
Die Südumgehung säuft ab

Zwischen Blumenrod und Linter wird die geplante Südumgehung Limburg sprichwörtlich "absaufen". Davon sind die Mitglieder des Vereins "Keine Südumgehung Limburg" überzeugt. Bei vier Bohrungen wurde bereits in einer Tiefe von knapp 60 Zentimetern Wasser festgestellt, während die Umgehung an dieser Stelle im Bereich Zeppelinstrasse/Fischteich in einem bis zu 9,50 Meter tiefen Einschnitt verlaufen soll.